Erste-Hilfe-Irrtümer – wenn falsches Wissen zur Bedrohung werden kann
Eines ist ganz klar – wenn es zu einem Unfall oder zu einer Verletzung kommt, dann ist die Hilfe von außerhalb für die Beteiligten oftmals die einzige Chance, heile und rechtzeitig aus der Situation entkommen zu können bzw. überhaupt Hilfe zu erhalten. Erste-Hilfe wird einem zwar in diversen Kursen vermittelt, wie man es beispielsweise vom Absolvieren des Führerscheins kennt, der Akt des Helfens an sich ist aber vielmehr eine, in der Natur des Menschen verknüpfte Funktion, die oftmals automatisch vonstattengeht. Der Großteil der Bevölkerung möchte aus diesem biologischen Antrieb heraus helfen und ist in Gefahrensituationen bereit dazu, den Hilfesuchenden beiseite zu stehen. Doch mal ganz unabhängig von der generellen Bereitschaft betrachtet – wie viele von diesen tollkühnen Helfern sind überhaupt dazu in der Lage eine ordnungsgemäße und sichere Erste-Hilfe auszuführen? Erste-Hilfe-Irrtümer halten sich in der breiten Bevölkerung meist konstant und hartnäckig und werden zu einem ernstzunehmenden Problem, wenn es um jede einzelne Sekunde geht. WOLFGANGS räumt mit genau diesem Halbwissen auf und zeigt dir, worauf es im Notfall wirklich ankommt.
Statistik und Wahrheit auf Konfrontationskurs
Schaut man sich mit Hinblick auf die Erste-Hilfe-Irrtümer die Statistiken an, dann würde man erstmal nicht glauben, dass dieses Problem in Deutschland überhaupt existent ist. Vor allem eine Forsa-Umfrage aus dem Jahre 2016, die für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft durchgeführt wurde, ist diesbezüglich sehr aufschlussreich. Rund 53 Prozent aller befragten Teilnehmer würden es sich in einer Gefahrensituation ohne jegliche Zweifel zutrauen, eine hochwertige Erste-Hilfe zu leisten.
Dieses Zwischenfazit hört sich zunächst positiv an, doch bedenkt man dabei, dass bei einem beachtlichen Teil der zuletzt besuchte Kurs weiter als 10 Jahre in der Vergangenheit liegt, bekommt diese Auswertung einen faden Beigeschmack. Mal ganz ehrlich – kannst du dich noch an alles erinnern, was du vor 10 Jahren in Schule/Uni/Seminaren vorgestellt bekommen hast?
Erste-Hilfe-Irrtum Nummer 1: falsch helfen hat strafrechtliche Konsequenzen
Dieser Irrtum ist weit verbreitet und beinhaltet keinerlei Wahrheit – ganz im Gegenteil sogar! Wenn du an einem Unfallort absichtlich keine Erste-Hilfe leistest, kann dies eine strafrechtliche Konsequenz mit sich bringen. Dies bedeutet, dass du zumindest das machen musst, was in deiner Macht steht. Selbst, wenn du dich nur dazu in der Lage siehst den Rettungsdienst mit deinem Telefon zu alarmieren, hast du schon eine Menge dafür getan, dass der betroffenen Person geholfen werden kann. Jede einzelne Rettungsmaßnahme kann entscheidend sein, von daher habe keine Angst und werde in einer derartigen Situation aktiv!
Erste-Hilfe-Irrtum Nummer 2: sofort mit der Hilfsmaßnahme beginnen
Die Sicherheit am Unfallort hat höchste Priorität und nicht die Erste-Hilfe-Maßnahme. Man kann sich in einer derartigen Situation immer hervorragend an dem Vorgehen „Schützen-Melden-Helfen“ orientieren. Diese 3 Schlagwörter liefern in genau dieser Reihenfolge die passende Verhaltensweise am Unfallort.
Da Unfallstellen viel zu oft eine sehr wüste, unübersichtliche und chaotische Atmosphäre aufweisen, ist es zunächst mal wichtig, die eigene Gesundheit und auch die der anderen Teilnehmer nicht zu gefährden oder gar die Situation noch schlimmer zu machen. Bevor die Erste-Hilfe an der verletzten Person durchgeführt wird, beginnt sie somit mit dem Sichern der Unfallstelle. Was es in einer Notfallsituation dabei zu beachten gibt, haben wir bereits in einem zurückliegenden Beitrag ausgiebig thematisiert.
Erste-Hilfe-Irrtum Nummer 3: Eine Wiederbelebung kann nur Mund-zu-Mund effektiv sein
Ganz eindeutig – falsch. Zwar gehört die Mund-zu-Mund-Maßnahme zu einem Teil der Wiederbelebungshandlung, jedoch nimmt die Herz-Druck-Massage einen deutlich höheren Stellenwert ein. Die Überlebenschancen können durch eine gut ausgeführte Herz-Druck-Massage sehr weit in die Höhe schnellen, sodass man durchaus sagen kann, dass dieser Teil des Rettungsvorganges eine äußerst zentrale und bedeutende Funktion einnehmen kann.
Durch den ausgeübten Druck wird die Blutzirkulation weiterhin aufrechtgehalten, sodass alle wichtigen Organe weiterhin versorgt werden können. Erst nach rund 3 Minuten sollte spätestens eine Beatmung durchgeführt werden, da man nur auf diese Art und Weise sicherstellen kann, dass das Blut mit ausreichend Sauerstoff versorgt wird.
Wie beim obigen Punkt „falsch Helfen“ bereits thematisiert, muss man auch bei der Wiederbelebung durch Herz-Druck-Massage keine Angst haben einen Fehler zu begehen. Auch eine mittelmäßige Ausführung ist für den Hilfesuchenden besser, als gar keine Hilfe zu erhalten. Achte darauf, dass du beim Verletzten in regelmäßigen Abständen ungefähr 100-120 Mal in der Minute die Druckbewegung ausführst. Du kannst dich dabei sehr gut mittig des Brustbeins orientieren.
Erste-Hilfe-Irrtum Nummer 4: Der Helm eines Motorradfahrers darf nicht abgenommen werden
Der in diesem Beitrag vorgestellte Irrtum Nummer 4 ist wohl einer der hartnäckigsten überhaupt und zeitgleich auch ein sehr gefährlicher. Der Helm eines verletzten Motorradfahrers sollte unbedingt abgenommen werden, wenn er nicht mehr ansprechbar ist. Es besteht in einer solchen Situation die erhöhte Gefahr, dass der Betroffene an seinem Erbrochenen erstickt und der Helm in diesem Moment wie eine Falle daherkommt. Auch wenn eine minimale Gefahr besteht, dass durch das Abnehmen des Helms eine spätere Lähmung entsteht, so ist dieses Risiko vergleichsweise doch eher gering einzuschätzen.
Befinden sich 2 Helfer um Unfallort, sollte die Erste-Hilfe-Maßnahme auch unbedingt zu zweit ausgeführt werden. Während einer die Halswirbelsäule und den Kopf des Verletzten gerade hält und stützt, kann der andere Helfer langsam und vorsichtig den Helm abnehmen.